Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen - eine einmalige Chance zur Aufwertung des HR-Managements!
- von Jörg Schülke
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- 18 Aug., 2018
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Ohne es verallgemeinern zu wollen, so klagen doch viele HR-Manager und Personalleiter über ihre Positionierung und ihre Funktionen in den Unternehmen und Verwaltungen, wenn es darum geht, nicht nur verwalten oder abzuwickeln zu müssen, sondern vielmehr gestalten zu wollen. Und das angesichts der wohl unumstrittenen Erkenntnisse, dass die Mitarbeiter das wertvollste Kapital eines Unternehmens darstellen, Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit zwei Seiten ein und derselben Medaille sind und Investitionen in die Mitarbeiter den höchsten ROI bringen.
Seit 2014 sind nach den §§ 4 + 5, ARbSchG alle Unternehmen und Verwaltungen mit mindestens einem versicherungspflichtigen Beschäftigten dazu verpflichtet, eine fundierte und gesetzeskonforme psychische Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, und zwar in einem für jede Arbeitsplatz-Kategorie obligatorischen mehrstufigen Prozess aus detaillierter Analyse, Verbesserungsmaßnahmen, Maßnahmen zur Nachhaltigkeit und Wirkungs-kontrolle. Und der gesamte Prozess muss für die Prüfbehörden nachvollziehbar dokumentiert werden.
Trotz einiger gravierender fachlicher Mängel des Gesetzes kann die psychische Gefährdungsbeurteilung, sofern man sie richtig aufsetzt und durchführt, zu einer klassischen Win-Win-Situation mit erheblichen Vorteilen für beide Seiten führen, sowohl für die Beschäftigten als auch für das Unternehmen selbst. Ist doch die psychische Gefährdungsbeurteilung schon mehr als die halbe Strecke hin zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und zum Gesunden Unternehmen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele CEO,s und Inhaber auf die Verpflichtung zur Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung aus diversen Gründen sehr zurückhaltend reagieren. Ein wesentlicher Grund für die eher ablehnende Haltung kann nur vermutet werden: man befürchtet, dass bei einer psychischen Gefährdungsbeurteilung nicht nur Arbeitsplätze oder Arbeitsaufgaben beurteilt, sondern auch so heilige Dinge wie Unternehmenswerte, Führungssysteme, Führungsstil und Unternehmens-Strategien, die die Verhältnisse für die Beschäftigten direkt und massiv beeinflussen, auf den Tisch kommen. Die Befürchtung ist in gewisser Weise nachvollziehbar, aber sie ist falsch und zu kurzsichtig bedacht. Denn: die psychische Gesundheit der Mitarbeiter wird immer wichtiger und zum entscheidenden Faktor für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in ihren Absatz- und Personalmärkten. Und ganz "nebenbei": nach dem Gesetz haben sowohl die Betriebsräte als auch die Mitarbeiter das Recht, von ihren Arbeitgebern die Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung zu verlangen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Positionierung, die Profilierung und die Funktionen der HR-Manager zurückkommen. Wie wäre es, wenn gerade die HR-Manager die Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung in ihren Unternehmen quasi „an vorderster Front“ aktiv unterstützen und fördern und zu ihrem Projekt machen würden? Selten zuvor gab es für HR-Manager und Personalleiter solch eine gute Chance, so bedeutsame strategische und nachhaltig gestaltende Funktionen für ihre Unternehmen zu übernehmen und ihre Position zum Nutzen von Mitarbeitern und Unternehmen deutlich aufzuwerten.
Jörg Schülke
Geschäftsführender Gesellschafter
C.U.P.-INSTITUT GMBH, München